Ernährung: Mythen & Gerüchte

Es gibt viele Mythen über Hunde, deren Ernährung, Erziehung oder Haltung. Ich möchte mich hier auf die Ernährung konzentrieren, denn leider werden einige überlieferte Geschichten seit Jahren einfach ohne „wenn und aber“ weitergegeben und als gegeben hingenommen.

Einige Mythen werden aber auch neu erfunden. Als gutes Beispiel dient hier das Gerücht: „Zahnstein geht beim Hund vom vielen kauen bestimmter Futtersorten oder speziell geformter X-Kauprodukten zurück.“ Wenn man sich als Hundebesitzer/in jetzt aber mal mit der Ernährung seines Hundes beschäftigt und feststellt das dieser gar nicht „kauen“ kann, sondern nur zerlegt und schlingt, wird vielen klar, dass dieses Gerücht schlichtweg dem Hersteller einen größeren Profit beschert.

Weil es mir um Ihre Hunde geht und ich an meinen Hunden die positiven Auswirkungen sehen kann, möchte ich hier mit einigen Mythen rund um den Hund aufräumen. Denn auch Sie als Hundebesitzer/in haben es verdient Ihrem Liebling eine gesunde und artgerechte Ernährung zu ermöglichen und dafür brauchen Sie nicht mehr als Ihren gesunden Menschenverstand.

 

Die Hundefütterung

Es gibt grob vier Arten der Fütterung: Trockenfutter, Nassfutter, selbst Kochen oder Barfen. Die Mythen betreffen jede Art der Fütterung gleichermaßen, doch im Grunde handelt es sich in den meisten Fällen nur um Thesen, die allerdings kaum bis gar nicht belegt sind. Trotzdem sind sie fest in den Köpfen der Menschen verankert und sorgen für viele Irritationen oder kontroverse Diskussionen.

So lockt die Futtermittelindustrie mit Werbeaussagen wie: „Diätfutter bei Übergewicht“, „Trockenfutter gegen Zahnstein“ oder „Spezialfutter bei Allergikern“. sicherlich ist Ihnen die ein oder andere Aussage schon mal zu Ohren gekommen, denn wenn es nach den Herstellern geht, gibt es für jede „Krankheit“ das richtig Futter.

Zugleich werden – vielleicht aus Unwissenheit – vielleicht gezielt – Unwahrheiten/Fehlinformationen über das Barfen und Nassfutter verbreitet, wie z. B.: „Rohes Fleisch macht Hunde aggressiv“.

Um durch das Überangebot von Futtersorten durchzusteigen oder der enorm vielen Werbebotschaften zu widerstehen, muss man sich zuerst einmal mit der Ernährung des Hundes beschäftigen.

 

Aber fangen wir mal von vorn an…

Die Situation: Ihr Hund ist in der freien Natur auf sich selbst gestellt und hat großen Hunger.
Das Problem: Weit und breit kein Herrchen oder Frauchen mit Futter in Sicht. Was würde dieser Hund tun wenn er jetzt seine Tier- und Überlebensinstinkte einschaltet?

  • Er würde sich ein paar Zutaten zusammensuchen um dieses in seinem Backofen zu Trockenfutter zu verarbeiten?
  • Er würde sich ein paar Kartoffeln ausbuddeln, an Maiskolben knabbern oder versuchen Getreide zu futtern?
  • Er würde versuchen ein Tier zu erlegen und dieses mit Genuss verdrücken?

Und jetzt stellen Sie sich noch folgende Fragen

  • Ist das Beutetier deutlich sichtbar beschriftet mit „Für Welpen“, „Für Erwachsene“ oder „Für Senioren“?
  • Steht das Beutetier Punkt 18 Uhr auf der Lichtung und hat genau 400g auf den Rippen? Steht auf dem Beutetier „mit extra viel Vitaminen, Mineralstoffen o.ä.“?
  • Ist das Beutetier besonders zart und damit genau für Hunde mit Zahnproblemen geeignet?

Lassen Sie sich die Bilder und Antworten in Ruhe durch den Kopf gehen…

Oft sehen wir Menschen viele Dinge in Bezug auf unsere Hunde einfach zu dramatisch, obwohl die Lösung teilweise so nahe liegt.

Was fressen Hunde?

Ein Hund frisst gern Fleisch, ja! Aber ihn damit ausschließlich zu ernähren wäre ein fataler Fehler. Schon sein Urahne, der Wolf, verwertet seine Beute komplett. Dass heisst, er frisst sowohl Magen- als auch Darminhalt, Knorpel und sogar Fell. Das bedeutet allerdings nicht, dass der Hund zum Allesfresser mutiert ist. Es bedeutet eher, dass der Hund eine ausgewogenere Ernährung braucht, die ihn mit den notwendigen Nährstoffen versorgt, um den körpereigenen Stoffwechsel gewährleisten zu können. Und wenn man jetzt noch die richtigen Nährstoffe in einer hohen Qualität wählt, können Probleme und/oder Krankheiten vermieden werden.

 

Fressen Katze anders?

Ja! Die Katze ist ein reiner Carnivore (Fleischfresser) und zudem ein Wüstentier. Ihr Futter sollte daher zu 99% aus Fleisch bestehen. Zum einen kann eine Katze keine Stärke spalten und zum anderen trinkt eine Katze im Gegensatz zum Hund noch weniger. Sie bezieht ihre Flüssigkeit fast ausschließlich aus ihrem Beutetier (z. B. einer Maus, einem Vogel…).

 


 

Kommen wir jetzt zu den häufigsten Aussagen über die Ernährung des Hundes und was tatsächlich dahinter steckt.

Gerüchteküche Hundeernährung

 

Gerücht 1
Der Fastentag

Für das eintägige Fasten gibt es im Prinzip keinen sinnvollen Grund, außer vielleicht bei einem Magen-Darm-Infekt oder Erbrechen. Ein Tag Fasten reinigt weder den Darm, noch macht die Aussage Sinn: „Wölfe fressen auch nicht jeden Tag“. Wir stellen unseren Hunden ja keine 15kg Nahrung auf einmal zur Verfügung, sondern portionieren die Mahlzeiten in kleinen Mengen auf den Tag verteilt.

Da sich der Hund im Laufe der Evolution an diese Art der Fütterung gewöhnt hat, würde eine Unregelmäßigkeit vermutlich eher nur Stress verursachen. Dennoch kommen einige Hunde gut mit einem Fastentag zurecht, sodass hier der Hundehalter individuell entscheiden sollte.

 

Gerücht 2
Der Zahnstein

Werbeaussagen wie: „Trockenfutter beugt Zahnstein vor“ oder „Durch unsere speziell X-förmig entwickelten Brekkits löst sich der Zahnstein ab“, glauben Sie wirklich? Kein Wunder, denn die schönen Bilder in der Werbung zeigen ja, das es wirkt. Fakt ist, ein Hund kaut nicht wie eine Kuh oder ein Mensch.

Der Fleischfresser (Karnivore) kann durch die spitzen Backenzähne (Scherengebiss) seinen Kiefer nicht seitwärts bewegen wie z. B. wir Menschen. Es ist ihm lediglich eine hoch, runter, hoch, runter Bewegung möglich. Das heisst, er zerkleinert sein Fressen grob und schlingt es runter, fertig! Trockenfutter wird also nicht gekaut sondern in Brocken runtergeschlungen. Wenn Sie Glück haben, zerbeisst ihr Hund die Brocken, schlingt sie aber dann sofort runter.

Trockenfutter ist eine Erfindung der Industrie und kommt in der Natur so nicht vor oder haben Sie schon mal einen Backofen in einer Wolfshöhle gesehen? Es ist eine bequeme, saubere, haltbare und gut portionierbare Futtermöglichkeit, nicht mehr und nicht weniger.

Wenn man also die Aussage trifft, das Trockenfutter gegen Zahnstein hilft muss man zuerst wissen warum Zahnstein entsteht. Versuchen Sie mal Ihren Zahnstein mit Hilfe von Hartkeksen (kauen Sie möglichst lange) und Chips (gleiche Herstellungsverfahren durch Extruder wie Trockenfutter) zu entfernen. Mehr zum Thema können Sie in meinem Artikel Zahnstein beim Hund nachlesen.

Zahnstein entsteht weil der PH-Wert im Mund nicht stimmt. Der Verdauungstrakt beim Hund fängt praktisch im Maul an, geht über den Magen-Darm-Trakt und hört am After auf. Das heisst: „Wenn es an den Zähnen Probleme gibt, kann dieses mit der Beschaffenheit der Darmflora (PH-Wert, Enzyme, etc.) zusammenhängen. Natürlich muss man auch die ggf. Rassebedingte Neigung zu Zahnstein bedenken.

Erschwerend kommt beim Trockenfutter noch hinzu, dass der Hund viel weniger Flüssigkeit zu sich nimmt als beim Nassfutter, Selbstkosten oder Barfen. Das Flüssigkeitsproblem wirkt sich bei Katzen im übrigen noch schwerwiegender aus, da sie wie oben schon erwähnt Wüstentiere sind. Der Körper braucht mehr Flüssigkeit um das Trockenfutter aufzuspalten als das Tier zuführen kann, demzufolge kann es zu Nierenprobleme und andere Krankheiten kommen.

 

Gerücht 3
Vitamine, Mineralien & Co.

Sicherlich sind, wie in der Werbung so schön beschrieben wird und auf jeder Verpackung angepriesen wird, Vitamine und Mineralien im Trockenfutter enthalten. Auch manchmal mit extra Vitaminzusatz. Was allerdings allzuoft vergessen wird ist, dass es sich hierbei um synthetisch (künstlich) hergestellte Vitamine, Mineralstoffe usw. handelt, was sicherlich der ein oder andere nicht weiß. Künstliche Vitamine können oft vom Körper gar nicht verwertet geschweige denn optimal abgebaut werden. Das heisst, das sie in zu hoher Dosis nicht nur schlecht sondern auch schadhaft sein können. Hingegen werden natürliche Vitamine und Mineralien vom Organismus des Tieres besser verwertet und abgebaut. Das gilt übrigens auch für uns Menschen.

 

Gerücht 4
Nassfutter verursacht Mundgeruch!

Kurz nach der Fütterung, ja! Allerdings nicht mehr als ein Hund der Trockenfutter (Fischsorte) gefressen hat. Beim einem hochwertigen Nassfutter ist der Geruch nach kürzester Zeit verflogen. Daher ist es ein Gerücht, dass Hunde die Nassfutter fressen stärker aus dem Maul riechen als Hunde die Trockenfutter bekommen. Es kommt immer auf die Sorte und die Qualität an.

 

Gerücht 5
Nassfutter verursacht Durchfall!

„Mein Hund verträgt kein Nassfutter und bekommt sofort Durchfall“, höre ich viele Hundebesitzer sagen. Über das „warum“ machen sich die wenigsten Gedanken. Wenn also ein Hund über lange Zeit Trockenfutter bekommt und plötzlich von heut auf Morgen nur noch Nassfutter bekommen würde, wäre das so, als wenn wir uns bisher täglich von Chips und Keksen ernährt haben und dann von jetzt auf gleich eine schön deftige Schweinshaxe verdrücken sollen. Probieren Sie es doch mal aus.

Geben sie dem Stoffwechsel Zeit sich umzustellen. Der Organismus lässt sich in den wenigsten Fällen einfach so ohne Probleme umstellen. Manchmal braucht er sogar 8 Wochen oder länger um sich auf die neue Ernährung einzustellen. Gerade wenn das Tier von Trockenfutter mit einer durchschnittlichen Feuchtigkeit von 10%, auf 75% Feuchtigkeit eines Nassfutters umgestellt wird.

Durchfall ist nicht immer gleich Durchfall, er kann mehrere Gründe haben. Zum einen kann Durchfall von einer zu radikalen (schnellen) Futterumstellung kommen oder der Organismus schmeisst durch den Durchfall das vorher minderwertige Futter auf schnellstem Wege aus. Eine weitere Möglichkeit können die Bestandteile des Nassfutter sein, so z. B. Bei der Umstellung von minderwertigem Nassfutter auf hochwertiges Nassfutter.

Im Allgemeinen sollten Sie auf die Zusammensetzung und die Angaben des Herstellers achten. Wer gute Zutaten nutzt wird dieses auch erwähnen. Ein handelsübliches Nassfutter mit mind. 4% Fleisch- und tierische Nebenprodukte heisst lediglich, dass max. 4% Fleisch- und tierische Nebenprodukte enthalten sind, die restlichen 96% sind unbekannt. Mehr zum Thema Deklaration finden Sie in meinem Artikel Deklaration von Hunde und Katzenfutter.

Bei den nicht angegebenen Bestandteilen kann es dann schnell mal unappetitlich werden. In Bücher wie „Katzen würden Mäuse kaufen“ und andere Literatur kann man die Machenschaften der Futtermittelindustrie nachlesen. Da bekommen die großen Futtermittelhersteller Geld für die Abnahme von Sondermüll der dann später, zum Leidwesen der Tiere, in der Nahrung verarbeitet wird und mit vielen gut riechenden Aromen „schmackhaft“ gemacht wird. So reicht die Liste von Tierkadaver über Gammelfleisch bis hin zu Sägemehl oder Altölen. Also mich wundert das dann nicht, dass Bello Durchfall oder andere Krankheiten bekommt… Sie?

 

Gerücht 6
Knochen sind für den Hund gefährlich!

Da Knochen splittern und einen Darmverschluss verursachen können sind sie gefährlich! Wird zumindest immer behauptet. Richtig ist, dass gekochte Knochen splittern können und somit zu Verletzungen führen können, weil der Knochen durch das Kochen spröde und brüchig wird.

Ein roher Knochen hingegen ist elastisch und bestens für die Zahnreinigung beim Hund geeignet. Bei nicht zu häufiger Gabe von Knochen wird ihr Hund weder Probleme mit dem Darm noch mit zu festem Kot (Knochenkot) bekommen.

 

Gerücht 7
Hunde dürfen kein Schweinefleisch essen!

Das ist soweit nicht ganz richtig, denn sie dürfen nur kein rohes Schweinefleisch fressen. Nur im rohen Schweinefleisch findet man den Aujeszky-Virus, der die Pseudowut hervorruft und für den Hund tödlich ist.

 

Gerücht 8
Welpen benötigen extra viel Calzium für ihr Wachstum!

Hier handelt es ich um ein höchst fahrlässiges Gerücht, denn ein Zuviel an Calzium verursacht Skelettschäden bei Welpen. Hier sollten die Besitzer auf ein ausgeglichenes Verhältnis achten.

 

Gerücht 9
Übergewichtige Hunde brauchen unbedingt Diätfutter!

Sicherlich ist das für die Futtermittelhersteller für ihren Profit (Gewinn) von Nutzen, dem Hund hilft das in der Regel nicht wirklich. Hier gilt es wieder den gesunden Menschenverstand einzuschalten. Bei einem übergewichtigen Hund muss die Energiebilanz verändert werden. Hier ist nicht der Fettanteil das Problem sondern der zu hohe Anteil an Kohlenhydraten.

Schauen wir uns ein Diätfutter mit wenig Fettanteil aber knapp 50% Kohlenhydraten an, bei dem Mais, Reis und Co ganz oben auf der Zutatenliste stehen. Tja, dann wird das mit dem Abnehmen wohl nichts. Da macht dann wohl ein hochwertiges Nassfutter mit einem hohen Fleischanteil, ohne Getreide und Stärke mehr Sinn.

Generell macht es Sinn sich mal die unterschiedlichen Deklarationen von Futtersorten genauer anzusehen. Oft steht vorn zwar ein anderer Zweck (Diät, Rasse, Alter…) drauf, der Inhalt ist jedoch bei vielen Sorten nahezu identisch. Von daher würde ich dieses Gerücht als perfekten Marketing Gag einordnen um dem Tierbesitzer Geld aus der Tasche zu ziehen.

 

Gerücht 10
Rohes Fleisch überträgt Salmonellen und Bakterien auf den Hund

Die Aussage auf den Hund bezogen ist eher ein Märchen, denn durch die Magensäure des Hundes und deren niedrigen PH Wert wird so gut wie jede Bakterie getötet. Allerdings können Salmonellen und Bakterien auf den Menschen übertragen werden und sind gerade bei Kindern und älteren Menschen gefährlich.

 

Gerücht 11
Hunde fressen nur soviel wie sie benötigen

Leider, wie auch bei uns Menschen, ist das in der heutigen Zeit nicht mehr so. Wie auch wir, werden unsere Haustiere durch Aromen, Geschmacksverstärker und Zucker in eine ungesunde Esssucht getrieben. Der Urinstinkt der Sättigung wird somit, allein für den Profit der Lebensmittelindustrie, außer Kraft gesetzt.

¹ – https://de.wikipedia.org/wiki/Allesfresser
² – http://www.sammys-futterschuessel.de/maerchen-von-der-staerke.html
³ – https://www.tierarzt-homoeopathie.de/hundekrankheiten/zahnstein-beim-hund/

 

Bildnachweis: caze

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